ANFRAGEN BUCHEN

„Ein journalistischer Fehlschlag“

24.02.2016

Darf man so etwas denn überhaupt sagen: „Mein Mann und ich, wir trinken gern“? Nein, das könnte missverstanden werden. Man(n) trinkt schließlich nicht alles. Man(n) kennt sich mit Weinen gut aus und Man(n) fachsimpelt gern über edle Tröpfchen. In meinem Falle gilt das aber nicht. Frau trinkt einfach gern. Punkt. :-) Was Frau hingegen überhaupt kein bisschen mag, ist Käse. Ich hasse Käse regelrecht. Nun waren wir zur Wein- und Käseverkostung im Hotel Bacherhof eingeladen, um über sie zu berichten. Und ich dachte so bei mir: was ich an Käse nicht probiere, das könnte ich ja vielleicht an den feinen Tröpfchen wettmachen …


Zahlen, Fakten, Fragezeichen

bacherhof-weinverkostung-3


Mit Toni ging's in den hauseigenen Weinkeller. Von außen ein spannend uriger, alter Steinkeller. Innen drin – wow! Eine runde Tafel, wie zu Artus Zeiten. Mit 1.000en (naja – ich hab' nicht genau nachgezählt) von Gläsern bedeckt. Ein Blick in die Runde – wir waren doch nur 10 Gäste! Wozu so viele Gläser? Aber die Antwort sollte bald folgen ...
Hinter Glastüren türmten sich die Flaschen. „30.000“ sagte Toni. Und das war nicht die einzige Zahl, die wir an diesem Abend zu hören bekommen sollten. Denn Toni, der kennt sich nicht nur mit Wein und Käse bestens aus, sondern auch mit Statistiken, Prozenten, Zahlen und Ziffern zum Thema. Ich drücke Toni meine Anerkennung für so viel Fachwissen aus, aber er winkt ab: „Statistiken gib's jede Menge. Man muss sie sich nur merken.“ Die Spannung steigt mit dem Umfang der Theorie, denn Tonis Begeisterung schwappt über.


Mit jedem Schluck versteht man mehr …

Überschwappen, das tut der Franciacorta nicht. Denn Toni öffnet ihn sanft so dass ihm allerhöchstens ein „pffft“ entweicht. Und nach dem prickelnden Genuss dieses aufregenden Auftakts wird die Stimmung lockerer. Man probiert vom Lardo. Es ist böse, dass etwas so Fettes so fantastisch schmeckt! Wir probieren einen Veltliner Federspiel aus der Wachau. Und schon hat Toni die Runde um Artus' Tafel nochmals geschafft und füllt das nächste Tröpfchen in die Gläser. Einen Riesling Spätlese Trocken 2012, Weingut Bauer. So langsam rieche und schmecke ich, was Toni da erzählt. Diese tiefgründige Mineralität vom Schiefer, gut strukturiert, die hellen Zitrusnoten mit Holunderblüten- und Aprikosenduft. Der Wein wird zum Gefühl, zum Zustand. Irgendwie dreht sich alles ein wenig.

bacherhof-weinverkostung-11


Journalistisches Versagen

Während alle um mich herum fleißig ihr Käsesortiment zu den Weinen kosten und wie in Trance die Augen schließen, sagt Toni, dass Südtirol im Jahr 26.000 Tonnen Käse produziert. Das ist unglaublich. Wenn ich mir all den Käse auf einmal vorstelle und an dessen Geruch denke, wird mir gleich noch schwindliger. Sofort die Nase ins Glas gesteckt. Amarone Riserva, Aldeghieri, 2003, Sonderabfüllung (!), trinken wir. Mein Mann ist begeistert, dann bin ich es auch, denn wie gesagt, Man(n) weiß ja, was wirklich besonders ist. Noch bevor ich am Rotwein nippen kann hat Toni mir ein weiteres Glas gefüllt. Zwischen dem Versuch Gesagtes zu verstehen, es mitzuschreiben, gleichzeitig zu genießen und dabei nicht allzuschnell zu trinken läuft irgendwas ganz gewaltig schief. Ich möchte gerne mehr erfahren über das, was hier so fantastisch all meine Sinne beansprucht. Aber auf einmal ist alles nur mehr Gefühl, die Theorie ist mir total egal. Das Zusammensein zählt. Das Lachen. Der Genuss. Ich gebe gerade eine furchtbare Journalistin ab und bin mir dessen bewusst. Und es ist mir Wurscht. Im Augenblick halt. Und nur der zählt. Nicht wahr?


Wenn der Wein zu Kopf steigt


Ziegenkäse, Schafskäse - und dann haben die Gäste ein Stück goldenfarbenen Käsesonderling (Occelli al Whisky) vor sich auf dem Teller. Auf meine Bitte „Lass mich mal probieren“ hin, schaut mein Mann mich an, wie vom Donner gerührt.

bacherhof-weinverkostung-6

Das erste Mal Käse in meinem Leben. Ich schmeckte Gerste. Irgendwie Schokolade. Wenn ich nicht wüsste, dass es Käse ist, würde es mir glatt schmecken. Aber nie so gut, wie die nächsten Gläser. Vor mir stehen etliche. Ich verwechsle sie. Toni spricht vom Barolo Lazzarito, 2001 und ich nicke bejahend, schlau und sehr belehrt dreinblickend. Dabei nippe ich eigentlich aber noch am Amarone. Mein Tischnachbar hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ein Blick auf meine verzweifelten Notizen machte mir klar: diese Berichterstattung wird misslingen. Diese Schrift würde ich am Tage danach niemals mehr entziffern können. Ach, egal. Alles egal. Der Abend nämlich, der ist perfekt. Und wenn ich es schaffen sollte, DAS den Lesern mitzuteilen, dann hatte ich meine Aufgabe ja eigentlich mehr als erfüllt. Nicht wahr?

Top war das Toni!
100 Punkte.
Hicks.

Gottseidank hat Toni mir noch eine Liste der Weine und der Käse mitgegeben, die wir probiert haben. Absolut empfehlenswert!
fernrohr
                 
button arrow circle arrow-down close-icon menu